In Tunesien sorgt die Kandidatur eines Juden für die Ennahdha-Partei bei den Kommunalwahlen für Gesprächsstoff. Doch Simon Slama will nicht als Marionette der Islamisten gesehen werden. 

Nach einer Fahrradtour durch Monastir heißt es, Wahlkampfbroschüren zu verteilen. Dabei muss Simon Slama sich immer wieder mit Parteianhängern fotografieren lassen und Journalisten Interviews geben: Der Wahlkampf dominiert derzeit das Leben des 54-jährigen Tunesiers. Normalerweise repariert er in der Altstadt von Monastir Nähmaschinen, doch seine Kandidatur bei den Kommunalwahlen am 6. Mai hat weit über seine Heimatstadt hinaus für Aufsehen gesorgt. Slama ist landesweit der einzige jüdische Kandidat – und obwohl selbst parteilos, trat er ausgerechnet auf der Liste der muslimisch-konservativen Ennahdha-Partei an.

Kritiker bezeichnen seine Kandidatur als geschickte Werbetaktik. Doch Slama wehrt sich, als Marionette der Islamisten betrachtet zu werden. Ennahdha sei längst keine religiöse Partei mehr. „Außerdem sind sie am besten organisiert und machen ernstzunehmende Arbeit“, verteidigt er seine Entscheidung, die auch in seiner Familie und seinem Umfeld zunächst auf Unverständnis stieß. „Was soll das, warum machst du das?, haben mich die Leute gefragt.“ Seine Frau habe ein paar Tage nicht mehr mit ihm sprechen wollen. mehr