Internationale Preise für junge Regisseure, nach langem Warten endlich eine Kinemathek und ein vorsichtig erneuertes Festival: es weht ein frischer Wind durch Tunesiens Filmlandschaft.

Historisch betrachtet sind die Filmtage von Karthago („Journées Cinématographiques de Carthage“) eines der wichtigsten Festivals in der Region. 1966 gegründet sind sie die ältesten noch existierenden Filmfestspiele des afrikanischen Kontinents. Doch sie haben in den vergangenen Jahrzehnten viel an Glanz und Ruhm eingebüßt.

Große Filme haben längst anderswo Premiere; politische Einflussnahme unter der Diktatur sowie die teilweise desaströse Organisation in den vergangenen Jahren hat dazu geführt, dass andere Festivals wie Dubai oder Marrakesch den tunesischen Filmfestspielen längst den Rang abgelaufen haben.

Die 28. Edition, die vom 4.-11. November 2017 stattfand, sollte ein Neuanfang werden, so der neu ernannte Festivaldirektor Nejib Ayed: weniger Glanz und Glamour, eine Rückbesinnung darauf, dass das Festival nicht nur Platz für arabische, sondern auch afrikanische Filme bieten solle, und eine reduzierte Auswahl an Filmen. Statt den zuletzt teilweise vierhundert Filmen pro Edition waren es dieses Jahr nur knapp die Hälfte. Heraus kam eine meist stringente Auswahl politischer und sozialkritischer Werke.

Keine Scheu vor heiklen Themen

Auch vor heiklen Themen schreckten die Organisatoren nicht zurück. Während Filme der Regisseure Zied Douiri und Joud Said – wegen eines Drehs in Israel des libanesischen, regimefreundlicher Position des syrischen Regisseurs – zu Protesten und Boykottaufrufen eines Teils der Zuschauer führten, liefen mehrere Filme zu queeren Themen ohne großes Aufheben seitens der Organisatoren oder des Publikums. Der tunesische Dokumentarfilm „Au delà de l’ombre“ (Jenseits des Schattens) über die tunesische LGBT-Aktivistin und ehemaliges Femen-Mitglied Amina Sboui wurde von der Jury mit Bronze ausgezeichnet. mehr