Ein Gesetzentwurf, der Straffreiheit für korrupte Geschäftsleute vorsieht, sorgt in Tunesien für Ärger. Gegner werfen der Regierung vor, die Aufarbeitung der Diktatur zu unterwandern. 

„Wir vergeben nicht“, rufen einige Dutzend Demonstranten vor dem Stadttheater von Tunis, eng eingekesselt von der Polizei. Seit vergangener Woche gehen fast jeden Tag in Tunesien Bürger auf die Straße. Die meisten Demonstrationen werden von der Polizei schnell mit Schlagstöcken und Tränengas aufgelöst. Seit zwei Monaten herrscht in Tunesien wegen der angespannten Sicherheitslage nach den Anschlägen auf ein Museum und ein Hotel im März und Juni Ausnahmezustand. Den nutzt die tunesische Regierung auch, um die Proteste gegen die Wirtschaftsamnestie zu unterbinden.

Das Motto der Demonstranten lautet „Vergeben wird nur vor Gericht“. Gerichtsverfahren für korrupte Beamten und Geschäftsleute sowie Steuerflüchtlinge sieht der Gesetzentwurf, den Staatspräsident Beji Caid Essebsi eingebracht hat, aber nicht vor. Stattdessen sollen die Schuldigen bei einer Selbstanzeige straffrei ausgehen und die Akten geschlossen werden, wenn sie die unterschlagene Summe plus fünf Prozent pro Jahr der Unterschlagung zurückzahlen. Das soll Geld in die leeren Staatskassen spülen und Investitionen fördern, hofft der Präsident. „Es gibt viele Geschäftsleute, die in der Lage wären, am Aufschwung Tunesiens mitzuwirken. Aber sie haben Angst.“ Das „Gesetz zur wirtschaftlichen Aussöhnung“ solle ihnen genug Rechtssicherheit bieten, wieder auf dem tunesischen Markt zu investieren.

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