Die Reform der tunesischen Justiz kommt seit dem politischen Umbruch von 2011 nicht voran. Doch laut Verfassung, die vor einem Jahr verabschiedet wurde, sind künftig neue Institutionen vorgesehen. Das Verfassungsgericht wird schon bald eine Mammutaufgabe vor sich haben. 

„Nieder mit den Militärprozessen” und „Tunesien ist ein ziviler Staat“ rufen die Demonstranten vor dem Berufungsgericht des tunesischen Militärs. Gerade wurde dort der Blogger Yassine Ayari zu sechs Monaten Haft verurteilt, weil er auf Facebook die Armee diffamiert haben soll, so das Gericht.

Untragbar sei es, dass ein Zivilist vor ein Militärgericht gestellt werde, meint Yasmine Kacha, Leiterin des Büros von „Reporter ohne Grenzen“ in Tunis. Sie hat Angst, dass der Prozess zu einem Präzedenzfall wird. „‚Beleidigung der Armee‘ kann alles und nichts sein. Dadurch kann morgen ein Whistleblower verurteilt werden, der wichtige Informationen der Öffentlichkeit preisgibt.“

Der Fall Yassine Ayari ist für viele Tunesier symptomatisch dafür, dass alte Reflexe und Mechanismen in der Justiz noch immer greifen. Die Reform des Rechtssystems lässt auch vier Jahre nach dem politischen Umbruch auf sich warten. Transparente und faire Wahlen seien ja schön und gut, aber das sei noch lange nicht genug, um aus Tunesien einen demokratischen Staat zu machen, sagt Hasna Ben Slimane, berichterstattende Richterin am tunesischen Verwaltungsgericht. „Legitime politische Kräfte sind wichtig, aber wir brauchen eine weitere Kraft. Die Justiz muss eine Wächterrolle einnehmen.“

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